Prüfungsanfechtung

Kann gegen die Bewertung einer Prüfung vorgegangen werden?

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit die Bewertung einer Prüfung anzufechten.

Eine Prüfungsanfechtung wird meist bei einem (endgültigen) Nichtbestehen einer Prüfung in Erwägung gezogen. Sie kann aber auch angestrebt werden, um in einer bestandenen Prüfung eine bessere Prüfungsnote zu erreichen.

Bei der Anfechtung einer Prüfung ist zu unterscheiden zwischen der Rüge eines Prüfungsverfahrensfehlers und der Rüge der inhaltlichen Bewertung.

Liegt ein Prüfungsverfahrensfehler vor?

Ist im Verlauf der Prüfung ein Verfahrensfehler aufgetreten, so ist das Prüfungsergebnis zu annullieren. Konkret bedeutet dies: Die Prüfung muss wiederholt werden.

Verfahrensfehler müssen jedoch immer unverzüglich nach deren Bekanntwerden gerügt werden. Wartet man mit der Rüge zu lange ab, ist diese verspätet.

Prüfungsverfahrensfehler können z.B. sein: Befangenheit der Prüfer oder Lärmbelästigung. Es kann auch vorkommen, dass Verfahrensfehler erst nach Abschluss der Prüfung, z.B. im Rahmen einer erhaltenen Akteneinsicht entdeckt werden, wie z.B. eine fehlerhafte Zusammensetzung des Prüfungsausschusses.

Beachtet werden muss, dass Verfahrensfehler immer vorrangig sind. Wird ein unverzüglich gerügter Verfahrensfehler geltend gemacht und ist dieser durchschlagend, führt dies immer zur Annullierung des in der betroffenen Prüfung erzielten Prüfungsergebnisses. Eine gleichzeitig angestrebte Notenverbesserung ist dann ausgeschlossen.

Wie kann eine bessere Bewertung in einer Prüfung erreicht werden?

Ist man mit der inhaltlichen Bewertung einer Prüfung nicht einverstanden, kann ein sog. Überdenkungsverfahren eingeleitet werden. Das bedeutet, dass gegen die Bewertung substantiierte fachliche Einwendungen vorgetragen werden müssen. Die Einwendungen müssen dabei so konkret wir möglich sein, pauschales Vorbringen wie z.B. "ich halte die Bewertung für fehlerhaft oder für zu streng" oder "ich halte eine Bewertung mit ausreichend für angemessen", reicht nicht aus.

Wichtig ist daher zunächst, die wesentlichen Gründe für die Bewertung einer Prüfungsleistung zu erhalten, denn ohne eine Begründung kann man selten fachliche Einwendungen vorbringen. Sie haben grundsätzlich einen Anspruch auf Akteneinsicht in die schriftlichen Prüfungsarbeiten sowie in die Protokolle der mündlichen Prüfungen. Bei mündlichen Prüfungen haben Sie auch einen Anspruch auf Vorlage einer schriftlichen Bewertungsbegründung. Nutzen Sie also ihr Recht und fordern eine solche Begründung an.

Die vorgebrachten Einwendungen werden durch die Prüfer geprüft und es wird entschieden, ob die Einwendungen berechtigt sind und im Ergebnis zu einer Notenanpassung führen.

Wie läuft ein solches Verfahren ab?

Dieses Überdenkungsverfahren kann u.a. im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen die Prüfungsbewertung durchgeführt werden. In manchen Prüfungsordnungen sind auch Fristen für die Durchführung solcher Überdenkungs- oder Nachprüfungsverfahren vorgesehen (z.B. LPO I, JAPO).

Falls ein Nichtbestehensbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung vorliegt, muss zwingend innerhalb eines Monats nach Zustellung ein Rechtsmittel eingelegt werden, ansonsten wird der Bescheid rechtskräftig und die Prüfung kann nicht mehr angefochten werden.

Sollte ein Widerspruch zurückgewiesen werden, kann hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht erhoben werden. Die gerichtliche Kontrollmöglichkeit von Prüfungsentscheidungen ist allerdings eingeschränkt. Den Prüfern steht im Ergebnis ein weiter Bewertungsspielraum zu. Gerichtlich wird nur überprüft, ob Verfahrensfehler vorlagen, der Bewertung sachfremde Erwägungen zugrunde lagen oder eine Prüfungsbewertung abwegig oder nicht nachvollziehbar ist. Eine Prüfungsbewertungsentscheidung selbst darf das Gericht nicht treffen.

Wie lange dauert ein Prüfungsanfechtungsverfahren?

Widerspruchsverfahren können durchaus einige Monate in Anspruch nehmen. Nach Ablauf von 3 Monaten besteht die Möglichkeit Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht zu erheben.

Auch nach Zurückweisung eines Widerspruchs kann Klage erhoben werden. Solche Klageverfahren haben jedoch eine gewisse zeitliche Dauer, beim Verwaltungsgericht München z.B. müssen Sie aktuell mit einer Verfahrensdauer von ca. 2 Jahren rechnen, bis eine Entscheidung in erster Instanz ergeht.

Sollte Ihnen eine Prüfungs-Wiederholungsmöglichkeit offen stehen, raten wir daher in der Regel diese Möglichkeit wahrzunehmen, auch angesichts der häufig ungewissen Erfolgsaussichten solcher Prüfungsanfechtungen. Natürlich kann auch ein Widerspruchs- und Klageverfahren parallel zur Prüfungswiederholung durchgeführt werden, um sich alle Chancen offen zu halten.